„Das hat mir viel gebracht“
Urlaub! Für viele ist das die schönste Zeit im Jahr, der Höhepunkt, auf den man sich lange freut, für den man spart, der einen für alles entschädigen soll, was in den anderen elf Monaten an Stress und Anstrengung gelaufen ist. Doch wer krank ist, fährt nicht mehr weg. Trotzdem hat das Ehepaar Keller* Anfang des Jahres drei Wochen Urlaub gemacht – daheim in den eigenen vier Wänden. So unspektakulär das klingen mag: „Ich habe es sehr genossen“, schwärmt Angelika Keller. Ermöglicht wurden die „Ferien im Wohnzimmer“ durch eine polnische Betreuungskraft, welche die Schiffweiler Agentur Pflegeherzen vermittelte.
Heute ist der letzte Tag, an dem sie zu dritt sind. Barbara Stafijowska putzt Gemüse in der Küche, zwischendurch bringt sie Herrn Keller etwas zu trinken. Die Dame des Hauses sitzt mit dem Besuch am Esstisch und erzählt. Hinter Angelika Keller liegen turbulente Zeiten, die, genau genommen, längst nicht vorüber sind. Im November starb ihre Mutter überraschend. Mit 93. Danach hieß es umziehen: „Wir wohnten im selben Haus, meine Mutter unten, wir in der Etage oben drüber.“ Nach der Beerdigung begann Angelika Keller, die Wohnung im Erdgeschoss so zu gestalten, dass sie mit ihrem schwer behinderten Mann einziehen kann. Jetzt, im Februar, haben sich die Kellers bereits ganz gut eingewöhnt.
Aber es ist immer noch viel Arbeit. „Ich war ziemlich gestresst und fertig, bevor Barbara zu uns kam“, erinnert sich die ehemalige Immobilien-Maklerin, die selbst mit gesundheitlichen Beschwerden zu kämpfen hat. Im Januar stand deshalb auch eine OP im Ruhrgebiet an. „Ich wusste nicht, wie es mir dann geht.“ Deshalb wandte sie sich an Pflegeherzen, um eine Betreuerin für ihren Mann, einen ehemaligen Zollbeamten, zu organisieren. „Leider kann er kaum noch gehen“, gerade mal von einem Zimmer ins andere. Was auf schwere Durchblutungsstörungen zurückzuführen ist. „Er wurde schon ’zig mal operiert.“ Erschwerend hinzu kommt: „Mein Mann kann nicht allein sein.“
Um ihn gut versorgt zu wissen in ihrer Abwesenheit, informierte sich Angelika Keller gründlich im Internet, wen sie mit einer Vermittlung beauftragt. Die Schiffweiler Pflegeherzen kannte sie unter anderem aus Veröffentlichungen in der Zeitung. Wichtig war ihr, dass es eine Firma mit Sitz im Saarland ist, die man gut kontaktieren kann. Pflegeherzen erwies sich als sehr gute Wahl: „Mit dieser Agentur läuft alles unkompliziert“, freut sich die Kundin. „Herr Avarello war schon mehrfach hier bei uns und wenn ich Fragen habe, gibt es auch keine Probleme.“
Hilfreich für das Pflegeherzen-Team wiederum war, dass Angelika Keller sehr konkrete Vorstellungen von der Betreuungskraft hatte: „Es sollte vom Alter her passen“, also jemand über 50 sein. Außerdem war ihr wichtig, dass die Hilfskraft über gute Deutschkenntnisse verfügt. Nicht erforderlich waren dagegen große körperliche Kräfte, da Erich Keller sich noch selbst bewegen kann und kaum Unterstützung bei der Körperhygiene benötigt. Alles in allem sollte es „jemand Vernünftiges“ sein, wie es umgangssprachlich so schön heißt.
Das ist Barbara Stafijowska in jedem Fall – und noch viel mehr. Zuhause im südostpolnischen Lublin, 100 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt, warten nur noch ihre vier Kinder und vier Enkel auf sie. „Mein Mann ist vor zwei Jahren verstorben“, erzählt die 63-Jährige. Die schwere Fremdsprache Deutsch hat sie sich selbst beigebracht. „Ich habe viel Arbeit gemacht bei Demenzkranken.“ Seit Oktober arbeitet die sympathische, freundliche Frau für Pflegeherzen. Bei den Kellers sei sie sehr gern gewesen. „Ich bin begeistert, nur schade, dass es so kurz war.“ Normaler Weise lebt und arbeitet Barbara Stafijowska zwei Monate am Stück in Deutschland, dann pausiert sie zwei Monate. 27 Stunden dauert allein die Busfahrt von Saarbrücken nach Lubin. Wenn sie ihre Wohnungstür diesmal aufschließt, werden ihr Pinscher und ihr großer deutscher Wolfshund erstmal stutzen. Wie riecht Frauchen denn?
Nach Jerry*. So heißt der apricotfarbene, ihr fast bis zur Hüfte reichende Königspudel der Kellers. „Barbara hat sich schnell mit dem Hund angefreundet“, berichtet Angelika Keller. Wer die Beiden zusammen sieht, könnte meinen, sie kennen sich schon ewig. „Ich bin die Hundetante“, lacht die polnische Betreuungskraft. Zu ihren Pflichten gehörte das tägliche Gassigehen mit Jerry. Auf einem dieser Spaziergänge hat Barbara Stafijowska in der Stadt durch Zufall eine Landsmännin kennengelernt, mit der sie sich dann ab und zu verabredete.
Gern hätte sie für Angelika und Ernst deftige und süße polnische Spezialitäten gekocht. „Aber mein Mann isst nur ganz bestimmte Sachen“, erklärt die Gastgeberin, die deshalb lieber selbst am Herd stand. Dennoch: „Diese drei Wochen haben mir viel gebracht.“ Zum OP-Termin war es gar nicht gekommen. „Ich habe die ganze Sache trotzdem nicht abgeblasen“, sagt die 71-Jährige, die österreichische Wurzeln hat und schon seit 45 Jahren in Deutschland lebt. Im Nachhinein betrachtet, hat sie sich damit auch ein Stück weit selbst beschenkt: „Einfach mal nichts machen, Fünfe grade sein lassen, entspannen“ – das sei eine Wohltat gewesen. „Ich hatte drei Wochen überhaupt keinen Stress, der ja sonst immer da ist.“
Nur schade, dass Barbara nun wieder geht. „Sie wird uns fehlen, wenn sie morgen weg ist“, seufzt Angelika Keller. Die drei Wochen sind viel zu schnell rum gewesen, wie halt im „richtigen“ Urlaub auch. „Es war so wie früher mit Mutter, als wir immer zu dritt am Tisch saßen.“ Aber gut möglich, dass es bald wieder so sein wird – wenn im Hause Keller noch mal Not am Mann ist, kommen die Pflegeherzen wieder ins Spiel. „Ich würde das immer wieder machen“, bekräftigt die Gastgeberin, „und ich würde kucken, dass ich die Barbara wieder krieg.“
* Namen geändert